von Hayri Demir
1. Bezeichnung, Bedeutung und Terminierung von Carsema sor
2. Anmerkungen zum Akitu-Fest und Carsema sor
3. Zur Mythologie der Eziden
4. Bräuche
1. Bezeichnung, Bedeutung und Terminierung von Carsema sor
Beyta Çarşembûyê, S.51
çarşembûyê xoşkir jîyan
Kesik kir deşit û çîya û zevî û zozan
Ew jî bi kerema pedşê minê êzdan
Das Gedicht vom Mittwoch, S.5:Der Mittwoch macht das Leben angenehmDie Ebene, die Berge, die Weideflächen und das Hochland macht er fruchtbarAlles mit der Güte meines Herren Ezda
Das êzîdîsche Neujahrsfest trägt den Namen „Çarşemaba Sor“ (dt. Transkription: Tscharrschem (-ba) Soorr).
Die Êzîden sprechen die kurdische Sprache, aus der sich der Name des Neujahres ableitet. „Çarşem“ besteht aus zwei Silben. „Çar“ in Verbindung mit „şem“ beschreibt in der iranischen Sprachfamilie, wie z.B. im Persischen, den „vierten Tag der Woche“, beginnend am Sonntag (kurd. Yekşem). Der „vierte Tag der Woche“ ist somit der Mittwoch. Weshalb der Neujahrestag zwingend auf einen Mittwoch fallen muss, werde ich später erläutern.
„Sor“ bedeutet „rot“. Êzîdîschen Überlieferungen zufolge trafen die Sonnenstrahlen zum ersten Mal am Mittwoch auf die Erde, woraufhin sich der Himmel in rotem Glanz färbte. Die Farbe Rot wird oft in Verbindung mit dem Blut des Menschen verwendet und symbolisiert unter anderem das Leben.
Das êzîdîsche Neujahr wird am ersten Mittwoch im April gefeiert, was nach dem êzîdîschen Kalender stets auch der erste Tag im Monat April ist. Da der êzîdîsche Kalender dem in Deutschland gültigen gregorianischen Kalender um ca. zwei Wochen nachgeht, wird das Neujahresfest am ersten Mittwoch im Monat April gefeiert, der zum oder nach dem 14. April im gregorianischen Kalender anfällt.
Zur Verdeutlichung nenne ich hier die Daten dreier aufeinanderfolgender Festzeitpunkte. (Siehe Tabelle)
Im Kurdischen heißt der Monat April „Nîsan“ (dt. Transkription: Niisaan). Der erste Tag im Monat „Nîsan“ ist der „Çarşemba sor“, was aus dem folgendem Gedichtsauszug der êzîdîschen Überlieferung hervorgeht:
Beyta Çarşembûyê (dt. „Das Gedicht vom Mittwoch“), S. 31, 1:2
Hat çarşembuya serê Nîsan ê – Es kam der Mittwoch, der ist der Anfang (Kopf; ser) des Aprils
2. Anmerkungen zum Akitu-Fest und Carsema sor
Weil mit dieser Ausarbeitung auch die Geschichte sowie die Entwicklung der êzîdîschen Religion aufgegriffen werden soll, möchte ich an dieser Stelle in kurzen Stichpunkten auf die Gemeinsamkeiten des „Çarşemaba sor“ und des babylonischen Akitu-Festes eingehen, wobei zugleich die êzîdîsche Mythologie des Roten Mittwochs erläutert wird.
Das babylonische Akitu-Fest gilt als das älteste Fest der Babylonier. Es wurde wie das Çarşemaba sor als Anfang des Monats „Nisannu“ (dt. April; kurd. Nîsan) gefeiert und als Anfang des Jahres interpretiert. Eine weitere Bezeichnung in Babylonien war daher Rêš-šattim „Der Anfang des Jahres“.
Das Akitu-Fest wurde zu Ehren des Hauptgottes Mardûk und seines Sohnes Nabû gefeiert. Zum Çarşemaba sor der Êzîden wird vordergründig Tawisî Melek, der Führer der sieben êzîdîschen Erzengel, geehrt. Tawisî Melek gilt als der von Gott (kurd. Ezda od. Xwedê) ausgewählte Emissär. Ähnlich der Beziehung von Mardûk und Nabû ist Tawisî Melek derjenige, der den Willen des Schöpfers auf der Erde vollzieht. Die Beziehung von Mardûk und Nabû, Tawisî Melek und dem êzîdîschen Schöpfergott ist insofern interessant, weil zum einen die Konnexion demselben theologischen Zweck dient und es bemerkenswerte Parallelen zwischen Tawisî Melek und Nabû gibt.
Nabûs Name bedeutet „Ankündiger, Berufener“. Tawisî Meleks Name bedeutet wörtlich übersetzt „Engel des Gottes“. Der Name Tawisî Melek leitet sich aus der altiranischen Bezeichnung „Dyaus“ (dt. Gott) und Melek (dt. Engel) ab. Das Partizip bzw. die Ezafe „î“ oder auch „ê“ beschreibt in der kurdischen Sprache die Verbindung zweier Begriffe. Das „î“ bzw. „ê“ kann in diesem Fall als „des“ übersetzt werden.3 Aus der Ernennung Tawisî Meleks als oberster Engel durch Ezda und Repräsentant des Schöpfer-Gottes kann sein Name daher ebenfalls sinngemäß als „Ankündiger, Berufener“ übersetzt werden, weil er der Ankündiger des gottgewollten Willens ist (s. Schicksalstafeln bzw. Dîwan) und die von Gott in diesen Status berufene Gestalt ist.
Nabû galt als „Gott der Weisheit“, der seine Befehle von Mardûk (Hauptgott) erhält und mit seiner Erlaubnis die Welt verwaltet. Tawisî Melek gilt aufgrund seiner Loyalität gegenüber Gott ebenfalls als die „Weisheit“, symbolisiert durch das kantische Prinzip „Sapere Aude“. Tawisî Meleks
Pflichtbewusstsein und die Inanspruchnahme seines freien Willens bzw. seines Verstandes während der Prüfung Gottes machte ihn zum obersten Erzengel zur rechten Hand des Schöpfer-Gottes (Xweda, Ezda). Die Beziehung von Mardûk und Nabû , Tawisî Melek und Xweda ist demnach dieselbe.
Zum Akitu-Fest wurden von Mardûk die Schicksalstafeln an Nabû überreicht, in denen der Jahresverlauf festgehalten wurde, den Nabû zu vollstrecken hatte. Nabû hatte die Befugnis, über Leben und Tod des Menschen zu bestimmen. Ebenso trifft sich zum Çarşemaba Sor der Êzîden der „Dîwan“ (dt. höchster heiliger Rat), der auf Grundlage des vergangenen Jahresverlaufes die Abläufe des anstehenden Jahres bestimmt. In diesem Dîwan sind sowohl die sieben Erzengel als auch der Schöpfer selbst anwesend. Tawisî Meleks Aufgabe als oberster Emissär ist es, die Beschlüsse des Dîwans für das anstehende Jahr zu vollziehen.
Nabû wurde in Babylon der Planet Merkur zugeordnet. Der Merkur war der innerste der sieben sichtbaren Planeten (heilige Siebenschaft) und stellte somit den Mittelpunkt dar. Der Merkur wiederum ist der Namensgeber des Wochentages Mittwoch, der, wie ich schon erwähnt habe, als „vierter Tag der Woche“, also mit drei vorausgegangenen und drei folgenden Tagen den Mittelpunkt der Woche bildet. Aus diesem Grund muss das Neujahrsfest der Êzîden auf einen Mittwoch fallen. Denn Tawisî Melek als Mittelpunkt der sieben êzîdîschen Erzengel (ebenfalls heilige Siebenschaft) repräsentiert den Mittwoch, ergo den Mittelpunkt.
Zum Akitu-Fest wurden die Ikonen Nabûs von Borsippa in die Stadt Babylon, zelebriert mit religiösen Ritualen, getragen. Noch heute werden die sog. Tawis-Ikonen anlässlich des Neujahrsfestes von êzîdîschen Würdenträgern durch die Dörfer getragen, begleitet von den religiösen Instrumenten Def û Şîbab und religiösen Texten. Auch in Babylon wurden die Instrumente stets mit religiösen Texten begleitet.
Der Nîsan wird bei den Êzîden auch als „Bûka salê“ (dt. Braut des Jahres) bezeichnet. In diesem Monat heiraten nach êzîdîscher Überlieferung die Heiligen, d.h. die Engel. Das Akitu-Fest der Babylonier wurde mit der Prozession der „Heiligen Hochzeit“ beendet. Zur Heiligen Hochzeit des Akitu-Festes wurde die Hochzeit der Götter gefeiert.
Eine berechtige Frage ist, wieso aus Nabû Tawisî Melek wurde und aus Akitu Çarşemaba sor.
Dr. George Habib, ein christlich-arabischer Historiker, schreibt in seinem Werk The Yazidis4, dass die Religion der Babylonier im Grunde die der Êzîden war und Nabû selbst Tawisî Melek ist.
Weiter schildert Dr. George Habib, dass die Êzîden im Zuge der sassanidischen Herrschaft5 über Mesopotamien gezwungen waren, aramäische Begriffe einzuführen, um der Verfolgung zu entgehen.
Viel näher liegt jedoch die Annahme, dass die Êzîden keinen aramäischen, sondern andere iranische Begriffe für Nabû gebrauchten, um nicht von vornherein als Êzîden erkannt zu werden.
Bedenkt man, dass die Sassaniden dem zoroastrischen Glauben angehört haben, ergibt sich ein Bild über den vermutlichen Ablauf der Beziehung der Zoroastrier und der Êzîden sowie der êzîdîschen Entwicklung.
Da Zarathustra ein bekennender Feind der alten Religion der Babylonier und somit auch der Êzîden war, weil sie alt-iranische bzw. alt-arische Elemente wie die Sonnenverehrung (Mithra), den Glauben an die arisch-vedische Gottheit Arîman6 usw. pflegten, werden diese in seinen selbst verfassten Schriften, den Hymnen der sog. Gatha, als Dämonen (Daeva) und vom rechten Weg Abgekommene diffamiert. Hierzu ein Auszug aus der Gatha:
Hymne 5, Strophe 3:Die Anhänger der Da`eva`s und alle, die sie verehren,sind hochmütig und haben ein schlechtes Wesen.Ihre trügerische Gesinnung ist es,die sie vor der ganzen Welt entehrt und bloß stellt.7
Arîman (dt. edelster Mensch) wurde mit einem Löwen und einer Schlange symbolisiert. Sowohl der Löwe als auch die Schlange sind im Heiligtum der Êzîden Laliş (dt. Stätte der Ruhe) anzutreffen. Die Schlange gilt im Êzîdentum als heiliges Tier, der sogar eine Priesterklasse zugeordnet ist, nämlich die der Şêxê Şêx Mend Gruppe.
In den iranischen Überlieferungen wird berichtet, dass Zarathustra seinerzeit die Anhänger dieser Religionen verfolgen ließ8. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die Sassaniden, wesentlich vom Zoroastrismus geprägt, bemüht waren, die Êzîden in ihren zoroastrisch geprägten Staat zu assimilieren. Letztlich waren es die Anweisungen Kartir Hangirpes, des höchsten zoroastrischen Priesters im Sassanidenreich, alle anderen Religionen verfolgen und bekehren zu lassen, darunter auch die Êzîden. Unter der Priesterschaft von Kartir erlangte die Missionierungswelle der Zoroastrier eine neue Dimension, indem auch die Êzîden erneut unterworfen werden sollten. Möglich ist, dass aus diesem Grund der Name „Tawisî Melek“ erstmals ca. 300 n.Chr. von christlichen Reisenden erwähnt wird, welcher in der Stadt Achribos am Euphrat angebetet wurde.9
Nicht verwunderlich ist daher auch die Tatsache, dass die Êzîden in ihren Überlieferungen keinen Zarathustra oder Zoroaster nennen, allen anderen Propheten aber Anerkennung schenken. Umso absurder ist deshalb die politisch motivierte Absicht kurdischer Politiker, unter ihnen selbst viele Êzîden, den Ursprung der êzîdîschen Religion auf Zarathustra zurückführen zu wollen.
3. Zur Mythologie der Eziden
Der Auftrag zur Vollendung der Erdschöpfung wurde stellvertretend für die sieben Erzengel an Tawisî Melek übertragen. Tawisî Melek trat zum ersten Mal am Çarşemaba Sor auf die Erde, wo er den göttlichen Plan verwirklichte.
So kommt Tawisî Melek alljährlich zum Roten Mittwoch auf die Erde, um Glück für den Menschen zu bringen und das kommende Jahr zu segnen:
Beyta Çarşembûyê – Das Gedicht vom Mittwoch, S. 1010 :Ya Tawisî Melek tu melekê axretê û dunyayê – Oh Gottes Engel vom Jenseits und DiesseitsTû bideye xatira çarşembûyêt her duwazide mehayê – Gib den Segen für alle Mittwoche der zwölf Monate
Der Rote Mittwoch stellt den Neuanfang dar. Die Natur fängt von Neuem an zu blühen, das Leben erwacht wieder und die Menschen bitten um Glück und Segen für das kommende Jahr.
Beyta Çarşembûyê – Das Gedicht vom Mittwoch, S. 211 :çarşembû rojeke bi hisabe – Der Mittwoch ist ein bedeutungsvoller TagJi ba wan meleka hatî ev cewabe – Zu den Engeln gelangte die AufforderungDerîyêt xêra divekirîne ji rojhelat heta rojave – Dass sie die Tore der Glückseligkeit vom Westen bis zum Osten öffnen
Am Roten Mittwoch wurde die Schöpfung der Erde vollendet. Hierzu folgt ein Auszug aus einem heiligen Text:
Qewlê afirandina dinyayê – Der heilige Text von der Schöpfung der Erde, S.2812 :Xwedawendê me înê kir esas e – Unser Herr legte am Freitag die Grundlage (der Erde) şemiyê biriye kiras e – Am Samstag legte er das Geflecht (d.h. Oberfläche) darüberÇarşemê kir xilase – Am Mittwoch vollendete Er
Der Körper des ersten Mensch Adem (dt. Adam) wurde ebenfalls am Mittwoch erschaffen. Adams Schöpfung verlief in einer sukzessiven Reihenfolge, bei der die Zusammenführung von irdischen Elementen und letztlich die der Seele dazu geführt haben, dass Adam lebte. Die Hauptelemente sind die vier heiligen „Elemente“ Feuer, Wasser, Erde und Luft. Unter anderem aus diesen Elementen wurde der Körper Adams geformt.
Qewlê afirandina dinyayê – Der heilige Text von der Schöpfung der Erde, S.2213:Xwedawendê me rehmanî – Unser barmherziger HerrÇar qisim ji me re danî – Legte für uns vier Elemente (auf die Erde)Pê dilovan Adem nijinî – Mit diesen wurde die Hülle des liebevollen Adams geformt
Der Rote Mittwoch gilt, wie bereits erwähnt wurde, als Anfang des Jahres und als Neuanfang des Lebenszyklus. Am Roten Mittwoch fängt die Natur wieder von neuem an zu leben (Frühling) und die Êzîden bitten Tawisî Melek um Gesundheit, Glück und Segen für das kommende Jahr.
Tawisî Melek ist die symbolisierte Gottesloyalität, die Allegorie der Liebe zu einem Gott und deshalb Grundlage für den extremen êzîdîschen Monotheismus, der sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass die Gestalt einer bösen Gegenfigur Gottes in der êzîdîschen Mythologie fehlt. An Tawisî Melek zu glauben, bedeutet für einen Êzîdî die bedingungslose Hingabe zu diesem Einen Schöpfergott. Das Prinzip Tawisî Meleks soll den Êzîden dazu dienen, sich bewusst zu werden, in welcher Verantwortung sie als Mensch stehen, indem sie sich zwischen Gut und Böse, zwischen Richtig und Falsch entscheiden müssen. Sie sollen sich ihres Verstandes bedienen, den ihnen Ezda gegeben hat.
4. Bräuche
Einen Tag vor dem Roten Mittwoch werden die Vorbereitungen für das Neujahr getroffen. Es wird in jeder Familie ein Opfer in Form eines Tieres, in der Regel ein Schaf, dargebracht, was ebenfalls zum Akitu-Fest der Babylonier Brauch war. Außerdem wird ein besonderes Brot namens “Sewik” gebacken. Das Brot ist bei den Êzîden sowie bei den Juden etwas sehr Heiliges. Es werden bunte Blumen an den Hauseingängen angebracht, womit Tawisî Melek und das Neujahr begrüßt werden sollen. Ein weiterer Brauch ist es, Erde mit Löwenzahn und Eierschalen zu vermischen und an die Haustür anzubringen, was das ganze Jahr über Glück bringen soll.
Im Andenken an die Schöpfung der Erde werden von êzîdîschen Würdenträgern, in der Regel Pêşîmanê14, Armbänder, das sog. “Bazinbar“ geflochten und an die Êzîden verteilt. Mit dem Bazinbar bringt der Würdenträger Wasser der heiligen „weißen Quelle“ (kurd. Kanîya sipî) mit. Dieses Wasser stammt aus dem Heiligtum der Êzîden Laliş .Das Trinken des Wassers aus der weißen Quelle ist das Siegel zur êzîdîschen Angehörigkeit. Im Glaubensbekenntnis heißt es:
Şahda dînî – Das Glaubensbekenntnis, S.315Pîrê min Hesin Meman e – Mein Pîr ist Hesin MemanHoste û merebî ji mala Baban e – Meister und Lehrer aus dem Haus der VäterKaniya Sipî mora min e – Die weiße Quelle ist mein Siegel
Die Träger solcher Bazinbarê sollen vor Unheil und Unglück bewahrt werden. Das Bazinbar besteht aus zwei oder mehreren zusammengeflochtenen Bändern in den Farben grün, rot, gelb und/oder weiß.
Ein weiterer Brauch am Tag vor dem roten Mittwoch ist das Färben von Eiern, sowie es die Christen zu Ostern tun. Das Färben von Eiern ist êzîdîschen Ursprungs. Im Êzîdentum haben diese gefärbten Eier eine besondere Bedeutung. Sie stellen die Ur-Perle dar, nach deren Explosion das gesamte Universum entstanden ist. Sie wird als “Dur” bezeichnet.
Qewlê Padşay – Der heilige Text des Königs (d.h. Ezda>Gott), S. 516
Padşê min kinyat ava kir ji dur û gewher – Mein Herr erschuf das Sein aus der Perle und dem Juwel
Nicht verwunderlich ist daher, dass in der kurdischen Sprache der Begriff “dur” für „Urknall“ steht.
Die Erde „reifte“ durch die Farben dieser Ur-Perle zur Vollkommenheit (Beyta Çarşembûyê):Beyta Çarşembûyê – Das Gedicht vom Mittwoch, S. 2817Hat çarşembûya ewilî – Er [Tawisî Melek] kam am ersten MittwochDurr bi renga xemilî – Die Perle schmückte sich mit FarbenEv dinya pê di kemilî – Hiervon reifte die Erde Die gefärbten Eier erinnern an die Vollendung der erdischen Schöpfung und den damit einhergehenden Beginn des Lebens. Die Schalen dieser Eier verteilen die Êzîden in der Heimat auf ihren Ackerflächen, um damit eine ertragsreiche Ernte zu erhoffen. Im Heiligtum Laliş werden am roten Mittwoch die Kuppeln und Eingänge mit Tüchern in den Farben des roten Mittwochs geschmückt. Auch Bäume und Sträucher. Es kommen Êzîden zusammen, um sich gegenseitig zum neuen Jahr zu beglückwünschen. Ein Feqîr, ein frommer Würdenträger, bringt ein heiliges Feuer, das im Heiligtum entzündet wurde, zu den wartenden Êzîden. Diese versuchen ihre Dochte oder kleine Fackeln mit diesem heiligen Feuer zu entzünden und loben die Schöpfung Gottes.
Die Würdenträger rezitieren am Eingang des Heiligtums Qewls. Am Abend des roten Mittwochs flackern tausende von kleinen Dochten am Heiligtum.18
Familien besuchen die Gräber ihrer Verstorbenen und verteilen zu Ehren derer Brot und Fleisch an ihre Nachbarn. Dieser Brauch ist einer der ältesten Bräuche der êzîdîschen Religion. Er wird als “Belindê” (dt. Feier der Toten) bezeichnet. Dieses Fest der Arier und Meder, das vor der Zeit Zarathustras existierte, wird heute nur noch von den Êzîden gefeiert.19
Die Êzîden schmücken ihre Häuser und begrüßen ihre Gäste mit einem reich gedeckten Tisch. Es wird ausgiebig zusammen gefeiert und das neue Jahr begrüßt.